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Brief von Botschafterin Natalie Kauther zum Volkstrauertag 2021

16.11.2021 - Bildergalerie

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der Volkstrauertag in Slowenien stand leider auch in diesem Jahr im Zeichen der Pandemie. Anders als in den Vorjahren vor 2020 immer üblich, konnten wir ihn erneut nicht im großen Kreis, sondern nur in einem sehr eingeschränkten Rahmen begehen. Ich habe gestern drei Kränze auf dem Friedhof in Kranj niedergelegt: am Partisanen-Denkmal, am Denkmal der zwangsmobilisierten Slowenen und auf dem deutschen Soldatenfriedhof.

Der Volkstrauertag ist seit langen Jahrzehnten der Tag, an dem wir Deutsche an die Opfer von Gewalt und Krieg denken. „An die Kinder, Frauen und Männer aller Völker“, wie es im Totengedenken heißt, das an diesem Tag traditionell vom Bundespräsidenten gesprochen wird.

Der Volkstrauertag bietet uns einen Moment des Innehaltens, einen Moment, gemeinsam all derer zu gedenken, die unter Gewalt, Kriegen, Terrorismus, Unmenschlichkeit leiden mussten. Und er mahnt uns, unsere eigene Geschichte im Bewusstsein auch künftiger Generationen zu bewahren und lebendig zu halten.

Diese Verantwortung spüren wir hier in Slowenien besonders. Denn im Totengendenken heißt es weiter: „Wir gedenken insbesondere der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.“ Auch Slowenien war Schauplatz beider furchtbaren Weltkriege, auch Slowenen haben als Soldaten in diesen Kriegen ihr Leben verloren. Auch hier in Slowenien haben Deutsche während des Nationalsozialismus barbarische Taten begangen, gemordet, Familien zerstört, haben Menschen durch Flucht und Vertreibung ihr Leben verloren. Und für viele Sloweninnen und Slowenen hörte die Gewalt nach Kriegsende 1945 nicht auf, sondern ging weiter und vernichtete Leben, Familien, Freundschaften.

Es ist alles andere als selbstverständlich, dass sich dieses Land und seine Menschen zur Hilfe bei der Errichtung und Betreuung der deutschen Soldatenfriedhöfe bereitgefunden haben. Wir sind zutiefst dankbar für dieses Zeichen der Versöhnung. Mit dem Innehalten und dem Niederlegen von Kränzen an den drei Stationen auf dem Kranjer Friedhof haben wir auch der Opfer von Zwang, Gewalt und Vertreibung gedacht, so wie wir zum Schluss vor den Gräbern der gefallenen deutschen Soldaten innegehalten haben.

Das Totengedenken geht weiter: „Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde. Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt Opfer geworden sind. Wir gedenken der Opfer von Terrorismus und Extremismus, Antisemitismus und Rassismus in unserem Land. Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.“

Diese Worte des Totengedenken sind uns ein Auftrag. Wir verneigen uns in Trauer vor all denen, derer wir gedenken. Wir bleiben ihnen verbunden in der dauerhaften Verpflichtung für Frieden, Freiheit, Demokratie und Menschlichkeit.


Kommen Sie gut und gesund durch den Herbst!

Mit freundlichen Grüßen

Natalie Kauther

Brief von Botschafterin Natalie Kauther zum Volkstrauertag 2021

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